20 Jahre KidsClub: „Spieler kommen und gehen – EMMA bleibt“
Auf ihrer Visitenkarte steht: Maskottchen. Und: Vorsitzende des BVB KidsClub. Doch EMMA ist so viel mehr. Sie ist Identifikationsfigur und Integrationsministerin, Freude Stifterin und Trost Spenderin, Unterstützerin und manchmal, ja, manchmal sogar Retterin. Für die kleinen Fans von Borussia Dortmund im Besonderen, mitunter aber auch für die großen. Wir feiern 20 Jahre EMMA – und mit ihr 20 Jahre BVB KidsClub.
Sie hätte im April 2005 auch als schnappendes Krokodil oder kuscheliger Bär oder brüllender Löwe oder stechende Wespe geboren werden können. Ist sie aber nicht, zum Glück. EMMA ist eine Biene, von Natur aus Schwarz und Gelb gestreift, nachhaltig nützlich, seit jeher dienlich für die Evolution von Ökosystem und Mensch und Gesellschaft. Sie heißt EMMA wie Lothar Emmerich, Borussias großartiger Außenstürmer der 1960er-Jahre, der auf denselben Spitznamen hörte. Und sie hatte das große Glück, in eine Zeit hineingeboren zu werden, in der Jan Koller für den BVB spielte. Bei Schuhgröße 66 konnte sie sich beim 2,02 Meter großen Hünen wertvolle Tipps zu einem geeigneten Schuster holen.
Doch EMMA trägt nicht nur einen großen Namen und große Schuhe, sondern auch viel Verantwortung.
„EMMA“, sagt Svenja Schlenker, die von 2007 bis 2020 für Maskottchen und KidsClub verantwortlich war, „EMMA ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden, vor allem als direkter Bezugspunkt für unsere jüngsten Fans.“ Da die Profimannschaft seit 15 Jahren mit einer Ausnahme immer international und deshalb häufig im Drei-Tages-Rhythmus spielt, gibt es kaum noch öffentliche Trainingseinheiten, ist der Zugang zum Trainingsgelände Hohenbuschei grundsätzlich weniger offen als das früher einmal der Fall war. Die direkten Kontakte, die dort entfallen, fängt auch EMMA auf. Sie öffnet manche Türen einen Spalt breit und gewährt Einblick.
„Mit dem Maskottchen haben wir eine Identifikationsfigur geschaffen, die immer überall auftauchen kann, die nahbar und anfassbar ist. Wer die schwarzgelbe Biene sieht, der weiß, dass sie zu Borussia Dortmund gehört“, sagt Yannah Jäger, die zwischenzeitlich von Svenja Schlenker übernommen hatte. „Durch sie haben wir Zugang zur jungen Zielgruppe, können Kinder und deren Eltern für den Verein begeistern, auch außerhalb des Kerngeschäfts Fußball eine Rolle im Leben der Menschen spielen und Gemeinschaftsgefühl und Identifikation stärken.“ Oder kurzum, wie es Denis Nitsche als aktuell Verantwortlicher formuliert: „Spieler kommen und gehen – EMMA bleibt.“
„Die Freude der Kinder zu sehen, das Lachen in ihren Augen, wenn wir mit EMMA und dem BVB KidsClub zu ihnen gekommen sind, das hat mich immer besonders glücklich gemacht. Diese Momente sind mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.“ Svenja Schlenker
Mit der Verantwortung ist auch die Anerkennung gestiegen, nicht zuletzt in den eigenen Reihen. „Heute“, sagt Yannah Jäger, „wird EMMA von allen immer sofort mitgedacht. Sie ist Teil der schwarzgelben Familie.“ Das war nicht immer so.
Anfangs hat es schon auch Überzeugung und Arbeit gebraucht, um dem Maskottchen Sinn und Standing zu geben. „Ich weiß noch genau, als sie dann endlich zum ersten Mal mit einlaufen durfte und dadurch auf dem heiligen Rasen war“, erinnert sich Schlenker. Heute gehören EMMA und die Einlaufkinder zum Standard. Kurz darauf war sie zu Gast bei TV Total, als dies noch von Stefan Raab moderiert wurde, und erlangte weitere Aufmerksamkeit; insbesondere bei denen, die schon Eltern waren oder bald wurden. Arnd Zeigler verdingte sich nach einer verlorenen Wette als EMMAs Praktikant, übernahm einen Spieltag lang ihre Aufgaben im Stadion, vor allem im Familienblock – und berichtete davon in seiner Welt des Fußballs. Gold für Glaubwürdigkeit. Und Authentizität. Und Bekanntheit. Bald darauf folgte – nach entsprechendem Bewerbungsvideo – die Einladung ins Aktuelle Sportstudio. EMMA war an der Torwand des ZDF – und somit in der Königsklasse der Sportberichterstattung angekommen.
Heute folgen der Biene 129.000 Follower auf Instagram und mehr als doppelt so viele (269.500) auf Facebook. Dort gilt sie als „Person des öffentlichen Lebens“.
EMMA ist für alle da – aber nicht für alles. Sie besucht Schulen und Altenheime, kommt zu privaten Geburtstagen, Hochzeiten oder Firmenfeiern. Sie lädt ein zu den Erlebnistagen im Allwetterzoo in Münster und im FORT FUN Abenteuerland. Sie geht zu jenen, die im Stadion im Süden stehen und zu den Kindern in der Nordstadt. Sie ist die eine, die immer lacht. Sie ist ein Sonnenschein, bricht Eis. Und sie spendet Trost, manchmal mit einem einzigen Bild auf Facebook, wie nach dem verlorenen Champions-League-Finale 2013 in Wembley. Und das alles macht und schafft sie: ohne Worte.
„Wir wollen mit dem BVB KidsClub auch in Zukunft spannende und passende Angebote schaffen. In Person von EMMA wollen wir nahbar und greifbar und bodenständig sein. Wir bleiben am Ball. Das Programm findet Ihr immer aktuell im Newsletter.“ Denis Nitsche
Nicht herhalten kann sie, wenngleich immer wieder angefragt, als Trauzeugin. Dazu ist sie nicht befugt. EMMA ist nicht fürs Bezeugen da, sondern fürs Erzeugen – von Nähe, Bindung, Identifikation. Gerade in Zeiten, in denen der Personenkult um einzelne Megastars grundsätzlich größer und die Verbundenheit zu einem ganzen Verein im gleichen Maße kleiner wird; in denen auch die Tage zwischen zwei Spielen wichtiger werden, kommen EMMA und dem BVB KidsClub mit seinen heute rund 28.000 Mitgliedern eine zentrale Rolle zu.
„Es ist eine Herausforderung, in diesem Wandel die richtigen Angebote zu schaffen, um die Zielgruppe zu erreichen und dann auch zu binden“, sagt Denis Nitsche und führt aus: „Wir bieten vieles an für Fußballbegeisterte, Mal- und Bastelbegeisterte.“ Mit und durch EMMA wollen sie den Superstars der Fußballwelt etwas entgegensetzen. „Bei uns steht der ganze Verein im Mittelpunkt, nicht die einzelne Person, die herausgestellt wird; es geht um die Gemeinschaft und nicht um das eine gehypte Idol, dem man hinterherrennt.“
EMMA erreicht BVB-Fans von nah und fern, in Dortmund und auf der ganzen Welt, in den USA genauso wie in Japan und China, wo Maskottchen traditionell noch bedingungsloser verehrt werden. Und EMMA hat die Kraft, diese Verbindung auch über eine Pandemie hinweg zu retten. Womöglich hat sie mit ihrer Ansprache und durch ihre Angebote, etwa bei der KidsClub-Weihnachtsfeier, die unter Wahrung aller Auflagen trotzdem für 1.000 Kinder hat stattfinden können, sogar die eine oder den anderen in der Isolation des Lockdowns gerettet. Jedenfalls hat sie Kontakt gehalten, als Kontakt nicht möglich war. „Darauf“, sagt Jäger, „bin ich besonders stolz.“
Heute engagiert sich EMMA auf vielen Feldern, vor allem für die Themen Natur und Umweltschutz. Sie ist beispielsweise unterwegs im BVB-Lerngarten, auf dem Naturerlebnispfad und beim Bienenprojekt in der Nordstadt. „EMMA und der KidsClub stecken in fast allen Projekten irgendwie mit drin“, sagt Yannah Jäger. Die Biene lebt das, wofür sie natürlicherweise steht. „Damit ist sie die beste Botschafterin, die man für diese Themen haben kann.“
„Zum BVB KidsClub gibt es zwei Einfallstore: Einmal, wenn du selbst BVB-Fan bist und ein Kind bekommst – und einmal, wenn dieses Kind dann selbst entscheidet. Beide sind emotional aufgeladen und beide wollen wir über EMMA öffnen.“ Yannah Jäger
Und zudem unermüdlich im Einsatz, 365 Tage im Jahr. Wie im Mai 2024 beim zweiten Champions-League-Finale in Wembley. Real Madrid gewann zwar das Fußballspiel, Borussia Dortmund aber die Herzen der Fans auf der ganzen Welt. Angeführt von EMMA machten hunderttausend Borussen London wie im Flug Schwarz und Gelb. „Ein absolutes Highlight“, sagt Svenja Schlenker und fügt hinzu: „EMMA ist auch im Ausland total beliebt.“ Und nicht nur da. In Deutschland, in der Fußball-Bundesliga und im DFB-Pokal, wird EMMA durch ihr Auftreten nicht nur ihrem Bildungsauftrag, sondern auch einem Präventionsansatz gerecht.
EMMA verkörpert die Werte, für die Borussia Dortmund steht, sie verbindet Generationen, Männer und Frauen, alle Nationen. Und sie baut Brücken. So pflegt sie Freundschaften zu anderen Maskottchen wie Dino Hermann vom Hamburger SV oder Herthinho, dem Bären aus Berlin. Und, ja, sie kann auch mit Erwin aus Gelsenkirchen ganz gut. „Hier übernimmt sie wertvolle Aufgaben in der Präventionsarbeit“, sagt Denis Nitsche. Denn was bitte wäre – bei aller sportlichen Rivalität – Dortmund ohne Gelsenkirchen? Es gäbe kein Derby, nicht in der Vergangenheit und nicht in der Gegenwart; wie etwa an diesem Sonntag in der Frauen-Verbandsliga mit 10.000 Fans in der Roten Erde.
Liebe EMMA, bitte bleib noch lange glücklich und gesund! Autor: Nils Hotze